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Uniklinik Düsseldorf entdeckt neue Methode zur Altersbestimmung von zerebralen Aneurysmen

20.06.14 14:01

Neurochirurgie:

Von: Redaktion

Hirnarterielle (zerebrale)Aneurysmen (siehe Abb.) sind sackförmige Ausstülpungen der Gefäßwand. Die Wände dieser Aneurysmen entsprechen nicht dem Aufbau einer Gefäßwand sondern enthalten in erster Linie bindegewebige Bestandteile, vor allem die sogenannten Kollagenfasern.Der überwiegende Teil zerebraler Aneurysmen bleibt häufig unentdeckt, einige wenige Aneurysmen können jedoch plötzlich platzen (rupturieren) und somit lebensbedrohliche Gehirnblutungen verursachen. Man geht davon aus, dass etwa 2-3% der Weltbevölkerung stille Träger eines zerebralen Aneurysmas sind. Bis dato ist weitgehend unklar, über welchen Zeitraum zerebrale Aneurysmen entstehen.

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Abb.: Darstellung eines typischen zerebralen Aneurysmas aus Etminan et al. (Copyright Stroke/American Heart Association).

Einige Theorien besagen, dass zerebrale Aneurysmen sich bilden und dann linear, d.h. mit einer konstanten Rate wachsen, während mathematische Simulationen nahelegen, dass Aneurysmen eher stochastisch wachsen, d.h. dass sich Episoden von Wachstumsstillstand (struktureller Stabilität) und Episoden von Aneurysmawachstum abwechseln. In solchen Wachstumsphasen könnten Aneurysmen dann eine strukturelle Instabilität aufweisen, die eine Ruptur begünstigen würden. Leider gibt es bis dato kein etabliertes Verfahren, um die zeitliche Entwicklung von zerebralen Aneurysmen näher zu untersuchen bzw. die Daten aus mathematischen Simulation auch mit Untersuchungen am Menschen zu belegen.

Eine Methode um das Alter von menschlichen Zellen bzw. Gewebe zu erforschen basiert auf der Radiocarbondatierung.

Bei dieser Methode macht man sich zu Nutze, dass die überirdischen Atombombentests zwischen den Jahren 1955 und 1963 zu einem steilen Anstieg der atmosphärischen Konzentration des radioaktiven Isotyps 14CO2 (genannt Radiocarbon) geführt haben. Nach dem Verbot der überirdischen Atomtests im Jahre 1963 kam es zu einem exponentiellen Abfall des 14CO2 aufgrund von Diffusion und Umverteilung in die großen Ozeane und die Biosphäre. Alle Organismen nehmen das Isotop 14CO2 über die Nahrungskette auf und bauen dieses in ihre Zellen und Gewebe ein. Da die Konzentration des Isotops in einer menschlichen Zelle oder einem Gewebe sich parallel zu der atmosphärischen Konzentration des Isotops verhält, lässt sich dieses Verhältnis als Zeitstempel für die Entwicklung einer Zelle bzw.  eines Gewebes nutzen.

Um der Frage der chronologischen Entwicklung von zerebralen Aneurysmen nachzugehen, hat eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern ausgehend von der Klinik für Neurochirurgie, der Heinrich-Heine Universität, Düsseldorf die Radiocarbondatierungs-Methode zur Altersbestimmung des Hautbestandteiles von zerebralen Aneurysmen, d.h. Kollagen Typ I and V, genutzt. Im Rahmen der internationalen Kooperation wurden insgesamt 46 Proben aus 36 rupturierten und 10 Proben aus zufällig entdeckten, nicht rupturierten zerebrale Aneurysmen nach chirurgischer Behandlung mittels Radiocarbondatierung analysiert.

Interessanterweise zeigte sich, dass Kollagen in nahezu allen Aneurysmaproben jünger als fünf Jahre war. Das Alter des aneurysmatischen Kollagens war insbesondere nicht durch das Lebensalter der Patienten, welche das Aneurysma trugen, noch durch die Größe des Aneurysmas bestimmt. Des weiteren zeigte sich ein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich des Alters von aneurysmatischem Kollagen bei Patienten, die zum Zeitpunkt der Aneurysmabehandlung unter Bluthochdruck litten oder einen regelmäßigen Nikotinkonsum aufwiesen. Sowohl Bluthochdruck, als auch Nikotinkonsum sind als Risikofaktoren für die Ruptur zerebraler Aneurysmen seit längerem bekannt, ein Zusammenhang mit der zeitlichen Entwicklung war jedoch bis dato nicht belegt. Die negative Wirkung dieser Risikofaktoren auf die strukturelle Stabilität von Aneurysmen wurde unter anderem bereits in einer früheren Arbeit (The impact of hypertension and nicotine on the size of ruptured intracranial aneurysms.) der gleichen Arbeitsgruppe dargestellt.

Die Kollagenproben aus den Aneurysmen von Patienten mit vorhandenen Risikofaktoren waren im Durchschnitt nur 1,6 Jahre alt, während diese bei Patienten ohne Risikofaktoren mit im Durchschnitt 3,9 Jahre, und damit deutlich älter waren. Es zeigte sich weiterhin, dass diese Daten nicht auf normale Gehirnarterien übertragbar sind, da im Rahmen der Analysen von Arterien aus menschlichen Leichen belegt werden konnte, dass Arterien biochemisch nicht mit Aneurysmen vergleichbar sind: Zerebrale Aneurysmen bestehen nahezu ausschließlich aus Kollagen Typ I und V, normale zerebrale Arterien bestehen hingegen aus einem komplexen Netzwerk aus Muskelzellen und Bindegewebe, ohne nennenswerte Kollagen Typ I Anteile.

Der hohe Anteil von relativ jungem Kollagen in zerebralen Aneurysmen weißt darauf hin, dass Kollagen in zerebralen Aneurysmen regelmäßig neu gebildet wird bzw. einem dynamischen, strukturellem Umbau unterliegt. Des weiteren wird dieser in der Gegenwart von Risikofaktoren wie arterielle Hypertonie und Nikotinkonsum deutlich erhöht.

In der Konklusion werden durch diese neuen Erkenntnisse erstmalig die langjährig geltende Vorstellung von der über Jahrzehnten andauernden Existenz von zerebralen Aneurysmen in deren Trägern und nur sporadisch vorkommenden Episoden von struktureller Veränderung in Aneurysmen hinterfragt. Diese Ergebnisse haben sehr wichtige Implikationen für das aktuelle Verständnis hinsichtlich der Entstehung von zerebralen Aneurysmen sowie der schädigenden Rolle von beeinflussbaren „Lifestyle“- Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Nikotinkonsum in diesem Prozess.

Originalveröffentlichung:

Etminan N, Dreier R, Buchholz BA, Beseoglu K, Bruckner P, Matzenauer C, Torner JC, Brown RD Jr, Steiger HJ, Hänggi D, Macdonald RL. Stroke. 2014 Apr 29. [Epub ahead of print]

Authors: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

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